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Habt ihr Kinder? Dann rauft ihr euch sicherlich auch öfters die Haare! Wälzt euch nachts im Bett hin und her - immer am überlegen: Was ist das Beste fürs Kind? Viele Umfragen bestätigen, Eltern
fühlen sich heute häufig mit der Erziehung ihrer Kinder überfordert. Was ist richtig und was ist falsch? Natürlich sollen die Kleinen die Unbeschwertheit der Jugend genießen aber auch in der
Schule mithalten können. Zu diesen und weiteren Themen habe ich mich mit der bekannten Familientherapeutin und Buchautorin
zahlreicher Familienratgeber Felicias Römer unterhalten. Sie ist selbst mehrfache Mutter und weiß auch aus privaten Erfahrungen, wie konfliktreich das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern sein
kann. Konflikte sind für Felicias Römer nichts Negatives. Denn sie bieten die Chance, das Verständnis zwischen Groß und Klein wachsen zu lassen und den Familienzusammenhalt zu stärken.
Interview unten im Beitrag ...
Gefällt euch dieser Beitrag? Ich freue mich über eure Daumen hoch und Kommentare in meinem Gästebuch! Dann weiß ich, ob euch solche Themen auch für die Zukunft interessieren.
Gibt es überhaupt Fehler bei der Erziehung? Ist nicht jedes Kind unterschiedlich – was bei dem einen gut ist, erweist sich bei dem anderen als falsch.
Natürlich sollte man sich in seinem Erziehungsverhalten ganz individuell auf das jeweilige Kind einstellen. Dazu gehört zum Beispiel, sein Entwicklungstempo zu respektieren und seine Bedürfnisse
ernst zu nehmen. Das machen Eltern oft intuitiv ganz richtig.
Eine unbeschwerte und leichte Kindheit ist anscheinend der schöne Schnee von gestern. Heute müssen die Kleinen frühestmöglich eine Fremdsprache lernen, zum Klavierunterricht und zur
Nachhilfe gehen. Überfordern wir unsere Kinder?
Diesbezüglich gibt es eine Spaltung in der Gesellschaft: Es gibt tatsächlich viele Kinder, die überfördert und überfordert werden. Diese leiden dann mitunter schon mal unter Burnout-Symptomen.
Das finde ich sehr erschreckend. Dieser grotesken Entwicklung sollten wir unbedingt entgegenwirken. Andererseits gibt es auch viele Kinder, die in der Familie und Schule schlichtweg zu kurz
kommen. Besonders diese Kinder brauchen unsere Aufmerksamkeit und Zuwendung.
Sinas TIPP
Um die Kreativität von Kindern zu steigern, sind Spiel und Spaß bei denen sich die Kleinen bewegen am besten. Anbieter für solche Aktivitäten gibt es auch
online. Ein Beispiel für einen Kindergeburtstag in Hamburg könnte sein: ein Tag im
Kletterpark, auf den Spuren von Seeräubern in St. Pauli, Kinder als Kleingärtner etc.
Wie können wir unsere Kinder fördern, so dass sie in der heutigen Gesellschaft mithalten können ohne ihnen die Leichtigkeit der Jugend zu nehmen?
Hier gilt wieder, was wir oben schon sagten: Man muss sich am Kind, am Jugendlichen orientieren. Je nach Temperament, Interessenslage und Befindlichkeit brauchen sie unterschiedliche Formen der
Unterstützung: Manche Kinder muss man ermutigen, manche brauchen Erfolgserlebnisse außerhalb der Schule, manche brauchen einfach Zeit für sich. Das Wichtigste ist, dass es dem Kind gut geht, dass
es an irgendetwas Freude hat, dass es neugierig bleibt. Dann kommt „der Rest“ von allein.
Bestimmt mittlerweile die Wirtschaft das Lernpensum und nicht mehr die Pädagogen?
Ganz so schlimm ist es zum Glück (noch?) nicht, aber es geht eindeutig in diese Richtung. Die PISA-Studien sind ein Beispiel dafür. Wirtschaftsverbände reden bei der Lehrplangestaltung gerne mit,
wir müssen her sehr kritisch bleiben und schauen, was sinnvoll ist und was weniger. Die Schulzeitverkürzung G8 wurde von der Wirtschaft gefordert und hat sich als große Belastung für viele
Jugendliche erwiesen. Die Interessen der Menschen sollten unbedingt wieder stärker in den Vordergrund treten!
Ist die Pisa-Studie Segen oder Fluch?
PISA wird meiner Ansicht nach überbewertet. Die wirklich interessanten Ergebnisse werden leider zu wenig zur Kenntnis genommen: Nämlich dass unser Bildungssystem zu viele so genannte
„Bildungsverlierer“ hervorbringt. Dagegen wird immer noch viel zu wenig getan. China liegt bei PISA z. B. ganz vorne. Aber wollen wir etwa unsere Kinder so drillen wie das in China der Fall ist?
Nein! Wir haben immer noch den internationalen Ruf, kreative Denker und Erfinder zu sein und darauf sollten wir bauen!
Anscheinend haben Mathe und Fremdsprachen heute einen höheren Stellenwert als soziale Kompetenzen. Wie können Eltern ihren Kindern grundlegende Werte und Lebensweisheiten
beibringen?
Indem sie die Werte, die ihnen wichtig sind, vorleben. Indem sie mit ihren Kindern reden, diskutieren, philosophieren. Indem sie ihren Kindern die Welt mit all ihrer Schönheit zeigen. Die
Schnecke am Wegesrand bewundern und sie als Lebewesen würdigen, sich nachts unter den Sternenhimmel stellen, sich gemeinsam freuen. Das alles macht Kinder nicht nur glücklich, sondern erfüllt sie
mit Ehrfurcht und Respekt vor dem Leben. Ein schönes Erziehungsziel, oder?
Sind unruhige, anstrengende Kinder einfach nur mit dem Leistungsdruck überfordert?
Da kann man so pauschal nicht sagen. Manche vielleicht. Andere erspüren unausgesprochene Konflikte in der Familie und reagieren darauf ängstlich-nervös. Wieder andere haben einfach ein etwas
„wilderes“ Temperament und kommen mit unserer „Sitz-Lern-Kultur“ nicht klar. Man muss da im Einzelfall sehr genau hinschauen.
Überfordern wir uns selbst mit dem Anspruch immer die perfekte Mutter oder der perfekte Vater sein zu müssen? Ist dies nicht auch ein negatives Vorbild für Kinder? Sollten wir relaxter
werden?
Auf jeden Fall. Wir sollten vor allem gütig mit uns umgehen und uns nicht so unter Druck setzen. Wir sollten auch achtsam sein in Bezug auf unsere eigene Befindlichkeit und gut für uns selber
sorgen. Das sagt sich leichter, als es ist. Trotzdem sollten wir Mut haben, nicht perfekt sein zu wollen. Und vor allem: Humor bewahren. Denn ohne Spaß in der Familie ist alles nichts.
Kannst du uns noch ein paar Tipps geben, wenn Eltern in die Gewissensfalle tappen, weil sie meinen etwas nicht perfekt in der Erziehung gemacht zu haben?
Einfach möglichst entspannt bleiben. Kinder wollen ja keine perfekten Eltern, sondern normale, lebendige Menschen zu Anfassen, zum Kuscheln und auch mal zum Streiten. Manchmal
ist es allerdings wichtig, Kinder um Entschuldigung zu bitten, etwa wenn man zu laut oder zu ungeduldig geworden ist. Eltern sollten auch mit sich selbst übrigens geduldig sein, denn vieles
müssen auch sie erst lernen. Wir wachsen ja bekanntlich an unseren Aufgaben. Es geht in der Erziehung nicht darum, keine Fehler zu machen, sondern darum, eine ehrliche, liebevolle und tragfähige
Beziehung zu den Kindern aufzubauen. Dabei sind zu hohe Ansprüche und Schuldgefühle eher hinderlich.